Bensheim. Das Fazit von Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn fällt gewohnt sachlich aus, zeigt aber auch, dass der Einsatz am Montagabend durchaus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen war. „Es hätte schlimmer ausgehen können. Ich bin froh, dass wir gleich ordentlich draufgehalten haben.“

Gegen 21 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert, die Erstmeldung klang dabei nicht nach Großeinsatz. Demnach mussten die Helfer davon ausgehen, dass eine Waldfläche „ohne Gefahr der Ausdehnung“, wie es offiziell heißt, brennt. Vor Ort stellte sich die Situation aber anders dar. An der Schwanheimer Straße, Ortsausgang Richtung Schwanheim, stand ein Wohnwagen in Flammen – mitten in einem trockenen Fichtenwald. Die Rauchsäule und der Feuerschein waren gut sichtbar.

Das Erstkommando fackelte nicht lange und setzte weitere Feuerwehren in Marsch. 73 Männer und Frauen in 13 Fahrzeugen aus Bensheim Auerbach und Schwanheim rückten letztlich aus, in Schwanheim wurde deutlich vernehmbar per Sirene alarmiert. Dazu kamen vier Rettungwagen. „Die Lage war für uns außerdem erstmal unübersichtlich“, beschreibt Karn das Szenario. Ausgebrochen war der Brand in einem kleinen Camp, in dem sich Obdachlose zusammengefunden haben. „Da herrschte ziemliche Aufregung, weil nicht klar war, ob Personen vermisst werden.“

Immerhin diese Frage konnte zügig geklärt werden. Weder im Wohnwagen selbst noch im direkten Umfeld des Feuers hielt sich jemand auf. „Die sind alle wohl rechtzeitig rausgekommen. So genau lässt sich aber momentan nicht sagen, wie viele zu welchem Zeitpunkt drin waren“, betont der Stadtbrandinspektor. Die Ermittlungen zu den Hintergründen und der Ursache hat die Polizei übernommen. Diese schätzte am Dienstagmorgen den Sachschaden auf mehrere Tausend Euro.

Verletzte gab es nach Angaben der Beamten nicht, obwohl sich in dem Lager wohl mindestens um die zehn Personen aufgehalten haben sollen, deren Habseligkeiten zum Teil verbrannten. Die Feuerwehr löschte nicht nur den völlig zerstörten Wohnwagen, sondern verhinderte auch ein weiteres Ausbreiten der Flammen. Dennoch brannte Unterholz auf einer Fläche von einem halben Hektar ab, was verdeutlicht, wie wichtig das zügige Eingreifen war.

„Im Rücken des Wäldchen befindet sich ein Gewerbegebiet, das Gelände ist durch viele Brombeerhecken nur schwer zugänglich. Es war entscheidend, den Brand schnell zu stoppen“, so Karn. Wie schnell eine solche Geschichte auch außer Kontrolle geraten kann, hatte der Stadtbrandinspektor zuvor im Gespräch mit Kollegen aus Münster erfahren. Dort kam es bekanntlich vor mehr als zwei Wochen zu einem verheerenden Waldbrand auf dem Gelände eines ehemaliges Munitionslagers. Auch die Bensheimer Feuerwehr fuhr zur Unterstützung in den Nachbarkreis (wir haben berichtet). Insgesamt beteiligten sich 4500 Einsatzkräfte an den Löscharbeiten.

„Dort fing es nach Auskunft der Kameraden auch klein an. Dann fuhr der Wind rein, es gab Funkenflug und es geriet erstmal außer Kontrolle“, berichtet der Stadtbrandinspektor. Dass solche Situationen nicht immer zu verhindern sind, liegt auf der Hand. Dennoch versuchen die Bensheimer Brandbekämpfer alle Vorkehrungen zu treffen, um einen größeren und gefährlicheren Brand im Keim zu ersticken. Das hat man zwar in der Vergangenheit auch bereits getan. Mittlerweile gilt aber wegen der langen Trockenheit eine noch höhere Alarmbereitschaft als es ohnehin der Fall ist.

Die vereinzelten Regenfälle haben zumindest nicht wesentlich zur Entspannung beigetragen. Bäume werfen wegen Trockenstress verstärkt Laub ab, der Totholzbestandteil ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Karn appellierte am Dienstag deshalb erneut an die Bevölkerung, in der Natur äußerst bedacht und vorsichtig vorzugehen – und beispielsweise keine Zigarettenkippen achtlos wegzuwerfen. Auch beim Grillen mit Holzkohle auf heimischen Grund und Boden sollte man nicht zu arglos sein. Die öffentlichen Grillplätze sind bekanntlich seit Wochen geschlossen.

In den vergangenen Tagen waren die Feuerwehren in Bensheim und den Stadtteilen immer wieder gefordert, vor dem Wohnwagenbrand zuletzt an der Lahnstraße entlang des Auerbacher Bahndamms (wir haben berichtet). Ob dort die Flammen von einer brennenden Gartenhütte auf den Bahndamm übergriffen oder umgekehrt, konnte bislang nicht geklärt werden.

Wie aufmerksam die Bevölkerung durch die Appelle und Feuer geworden ist, zeigt ein Fall vom Wochenende. Am Samstag wurde die Stützpunktwehr alarmiert, weil an der B 47 Richtung Lorsch eine vermeintlich brennende Grasfläche von Zeugen ausgemacht wurde. Der vorausfahrende Kommandowagen konnte jedoch Entwarnung geben. Ein Grundstücksbesitzer hatte mit einer Kehrmaschine seinen Hof gereinigt und jede Menge Staub aufgewirbelt.

Ein klassischer Fehlalarm, im Gegensatz zum Großeinsatz am Montagabend an der Schwanheimer Straße. Die Polizei bittet in diesem Zusammenhang um Hinweise. Zeugen sollen sich bei der Kriminalpolizei in Heppenheim (K 10) unter der Telefonnummer 06252/7060 melden.

© Bergsträßer Anzeiger, Mittwoch, 31.08.2022

Originalbericht: https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-brand-zerstoert-wohnwagen-in-bensheim-_arid,1989918.html

(Bild: ©  JÜRGEN STRIEDER)